„Zusammenstehen und niemals aufgeben im Kampf gegen Antisemitismus„

Veröffentlicht am 23.11.2023 in Landespolitik

Rede zur Aktuellen Stunde am 23.11.2023 im Landtag Brandenburg. Der Fraktionsvorsitzende Daniel Keller (Es gilt das gesprochene Wort)

„Vor Antisemitismus aber ist man nur noch auf dem Monde sicher.“

Das schrieb Hannah Arendt im Dezember 1941. In einer Zeit, da die schlimmsten Verbrechen des Nationalsozialismus bereits teilweise begonnen hatten und teilweise noch in Planung waren.

Obwohl dieser Satz 82 Jahre alt ist, wirkt er doch verstörend aktuell.

Am 7. Oktober 2023 wurden bei dem verbrecherischen Angriff der Hamas so viele Jüdinnen und Juden an einem Tag ermordet wie seit der Shoa nicht mehr.

Seither erleben wir auch in Deutschland eine neue Welle des Antisemitismus. In Demonstrationen werden offen judenfeindliche Positionen vertreten und der Terror der Hamas gerechtfertigt. In den sozialen Medien werden israelfeindliche Falschmeldungen verbreitet und teilweise unverhohlen antisemitische Verschwörungserzählungen bedient.

Das alles führt uns erbarmungslos vor Augen, wie zerbrechlich die Erfolge im Kampf gegen Antisemitismus sind.

Unübersehbar gibt es nach wie vor einen fruchtbaren Nährboden für antisemitische Stereotypen in Teilen der deutschen Gesellschaft.

Das muss für uns ein Alarmsignal der Menschlichkeit sein. Dieser unheilvollen Entwicklung müssen wir uns mit ganzer Kraft entgegenstellen. Diesen Antisemitismus ächten wir in Brandenburg.

In dieser Lage ist es daher umso wichtiger Konsequenzen zu ziehen:

  1. Wir müssen unseren Umgang mit Antisemitismus in unserer Gesellschaft immer wieder kritisch hinterfragen.

  2. Wir müssen fortwährend wirksame Maßnahmen im Kampf gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Judenfeindlichkeit suchen und auch umsetzen.

  3. Wir müssen mit großer Entschlossenheit das Signal senden, dass Jüdinnen und Juden in Deutschland ohne Angst leben können – und zwar heute und morgen.

Die deutsche Geschichte ist auch eine Geschichte des Judenhasses. Seit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft und dem millionenfachen Mord an den europäischen Juden trägt das demokratische Deutschland eine historische Verantwortung, derer wir uns nicht entledigen können. Dafür war der Zivilisationsbruch der Shoah einfach zu groß, zu unumkehrbar, ja zu apokalyptisch.

Dennoch oder vielleicht gerade deshalb hat es lange gebraucht, bis die deutsche Gesellschaft in Ost und West einen sicheren Umgang mit dieser Verantwortung gefunden hat.

Dem staatlich verordneten Antifaschismus der DDR, der den Massenmord an den Juden nicht in den Mittelpunkt der historische Aufarbeitung stellte, stand in der alten Bundesrepublik lange ein organisiertes, weithin akzeptiertes Schweigen über die Vergangenheit entgegen. Es brauchte viele, sehr unterschiedliche Schritte, um in der Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit voranzukommen. Erwähnt seien die Frankfurter Auschwitzprozesse der 60er Jahre, der Film „Holocaust“ aus dem Jahr 1978 sowie die Rede des Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker über den Tag der Befreiung am 8. Mai 1985.

Die Suche nach dem richtigen Umgang mit der nationalsozialistischen Vergangenheit war und ist dabei keineswegs immer widerspruchsfrei. Es gibt Rückschläge. Mitunter wird seitens bestimmter politischer Kräfte bewusst versucht, den wissenschaftlichen Konsens über die Vergangenheit zurückzudrehen.

In diesem Zusammenhang demaskiert sich die AfD oft selbst.

  • Wenn für Alexander Gauland „Hitler und die Nazis […] nur ein Vogelschiss“ sind, möchte er einen Eckpfeiler des Grundgesetzes schleifen.

  • Wenn Alice Weidel im Ende des Zweiten Weltkrieges und der Nazi-Diktatur vor allem anderen eine „Niederlage des eigenen Landes“ sieht, beschwört sie einen pervertierten Nationalismus.

  • Wenn das die Positionen der AfD sind, will sie ein Land, das nichts aus seiner Schuld gelernt hat, ein Land, das Menschen wieder willkürlich zu Feinden erklären kann. Das ist aber nicht unser Land und ganz bestimmt nicht das der Brandenburgerinnen und Brandenburger.

Deshalb müssen wir wachsam bleiben und solchen Geschichtsrelativierungen überall entschlossen entgegentreten.

Denn sonst hat Hannah Arendt recht.

• Sonst ist man nirgendwo vor Antisemitismus sicher.

• Sonst haben wir angesichts unser historischen Verantwortung versagt.

Wir haben nach wie vor ein Problem mit antisemitischen Einstellungen in unserem Land. Dem müssen wir uns stellen und Maßnahmen entwickeln, um Antisemitismus wirksam zu bekämpfen. Hierzu zählt natürlich ein robustes Vorgehen des Rechtsstaates gegen all diejenigen, die aus Rassismus oder religiösem Eifer die Sicherheit von Jüdinnen und Juden in Brandenburg bedrohen.

Langfristig bietet aber eine tolerante Gesellschaft den besten Schutz. Diese Toleranz kann nur Bildung bewirken.

• Sie ist der Schlüssel für Empathie und Respekt.

• Sie ist die Grundlage für Dialog und Austausch.

• Sie ist es, die uns das Verständnis für friedliche Konfliktlösung vermittelt.

In diesem Sinne kommt den Schulen die entscheidende Rolle zu. Gleichwohl müssen wir auch die Erwachsenbildung als Mittel der Aufklärung über Antisemitismus weiter stärken.

Mit dem Toleranten Brandenburg verfügen wir zudem über ein erfolgreiches und erprobtes Netzwerk, das über vielfältige Erfahrung im Kampf Rassismus und Antisemitismus verfügt. In gewisser Weise gehört es selbst schon zu der im Titel der Aktuellen Stunde genannten Tradition der Toleranz in Brandenburg.

Das Tolerante Brandenburg steht für den Schulterschluss der Demokraten und für eine starke überparteiliche Zivilgesellschaft. Und ich finde es sehr bedauerlich, dass diese Tradition des Zusammenschlusses nicht von allen Partei gelebt wird oder nur dann, wenn es ihnen gerade nützt.

Der Umgang mit Antisemitismus in unserer Gesellschaft ist nicht leicht. Mitunter suchen auch wir den richtigen Weg. Vielleicht ist deshalb ein Antisemitismus-Beauftragter eine so sinnvolle Idee. Jemand,

• der bei dieser Suche hilft,

• der uns immer wieder für Vorgänge und Entwicklungen sensibilisiert und

• der das Vertrauen der Menschen genießt, die unter judenfeindlichen Ressentiments leiden.

Kurzum: Ein Wegweiser und Zuhörer.

Jüdinnen und Juden sollen in Deutschland ohne Angst leben können. Sie sollen nicht fürchten müssen, dass der schreckliche Terrorangriff und sein Folgen als Vorwand dienen, um sie in Mithaftung für vermeintliche Verbrechen Israels zu nehmen.

Dennoch erleben wir, wie systematisch versucht wird, den Terrorangriff auf Israel zu einer Verzweiflungstat umzudeuten.

Ich bin sehr zurückhaltend, wenn es darum geht, die Maßnahmen der israelischen Regierung und Militärs im Gaza-Streifen zu bewerten.

Für mich ist aber klar, dass ein souveräner demokratischer Staat Israel nach diesem Angriff alles versuchen muss und jedes Recht hat, um seine Bevölkerung zu schützen und verschleppte Geiseln zu befreien.

Dies alles geschieht vor dem Hintergrund eines traumatisierten und trauernden Landes. Damit ist nicht gesagt, dass jede Entscheidung der israelischen Regierung in der aktuellen Situation richtig ist. Es ist nur klar, dass diese Entscheidungen unglaublich schwierig sind.

Zugleich hat sich gezeigt, dass die Hamas ihre eigene Bevölkerung bewusst und gezielt zum Opfer von Kampfhandlungen macht. Die Hamas nimmt das Leid ihres Volkes nicht nur in Kauf, sondern nutzt es als psychologische Waffe im Propagandakrieg.

Für die in Deutschland lebenden Jüdinnen und Juden muss diese Situation beinahe unerträglich sein. Sie leiden mit den Menschen in Israel, deren Familienangehörige ermordet oder verschleppt wurden. Gleichwohl sehen sie das Leid der palästinensischen Zivilbevölkerung. Es muss ein alles erstickendes Gefühl der Hilflosigkeit, der Wut und der Verzweiflung sein.

Ihnen können wir nur demütig sagen, wir lassen Euch nicht im Stich.

Der Antisemitismus ist eine uralte Form des Rassismus und bleibt ein Krebsgeschwür der Welt. Ihn zu bekämpfen, erfordert eine breite gesellschaftliche Anstrengung. Es ist ein Kampf, der niemals ganz gewonnen scheint.

Für uns in Brandenburg ist der Kampf gegen Antisemitismus
• ein Auftrag unserer Verfassung,
• ein Gebot der Menschlichkeit und
• eine historische Verpflichtung.
Hierfür stehen wir zusammen und geben nicht auf.
 
 

Für Sie vor Ort

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Mittwoch   14:00 - 18:00 Uhr
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Mittwoch       09:00 - 12:00 Uhr
Donnerstag   13:00 - 16:00 Uhr
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